Der Kauf von Aktien, der Erwerb einer Immobilie oder die Anschaffung langlebiger Produkte wollen gut überlegt sein. Bei Konsum- und Finanzentscheidungen spielt unter anderem die Erwartung an das zukünftige Einkommen eine wichtige Rolle. Aber beziehen Privathaushalte auch Informationen über die Veränderung der gesamtwirtschaftlichen Lage in ihre wirtschaftlichen Entscheidungen mit ein?
Steht beispielsweise die Anschaffung eines neuen Sofas an, überlegen sich die zum Haushalt gehörenden Personen, ob sie sich das leisten können – auch in Bezug darauf, ob sie in den nächsten Monaten wie gewohnt mit ihrem Einkommen rechnen können. Aber machen sie den Kauf des Sofas auch davon abhängig, wie die Prognosen zur gesamtwirtschaftlichen Lage aussehen?
Makroökonomische Modelle gehen davon aus, dass Haushalte normalerweise über alle für ihr Einkommen wichtigen Nachrichten informiert sind, und diese dementsprechend in ihre wirtschaftlichen Entscheidungen miteinbeziehen. Die Forscher Johannes Wohlfart von der Universität Kopenhagen (bis 2019 Goethe Universität Frankfurt) und Christopher Roth von der Universität Warwick haben sich dazu zwei Fragen gestellt: Sind relevante Nachrichten über die Makroökonomie, wie zum Beispiel Konjunkturprognosen, Teil der Informationen, über die ein privater Haushalt verfügt? Und passen Haushalte ihre Erwartungen an ihre eigene wirtschaftliche Situation und ihr Verhalten an, wenn sich ihre Erwartungen an das gesamtwirtschaftliche Wachstum verändern?
Um diese Fragen zu beantworten, haben sie ein mehrstufiges Experiment durchgeführt. In einer Online-Umfrage wurde zunächst die Einschätzung der Teilnehmenden über die Wahrscheinlichkeit einer Rezession (rückläufiges Wirtschaftswachstum) abgefragt. Anschließend erhielten die Teilnehmenden entweder eine positive oder eine negative professionelle Prognose über die Wahrscheinlichkeit einer Rezession. Danach wurden die Erwartungen der Teilnehmenden hinsichtlich der Entwicklung der Gesamtarbeitslosigkeit und ihrer persönlichen wirtschaftlichen Situation gemessen. Dabei wurden sowohl ihre Konsumpläne als auch ihre Einschätzung bezüglich der Wahrscheinlichkeit einer Rezession erfasst. Der Aufbau des Experiments hat den Forschern ermöglicht herauszufinden, ob die Teilnehmenden als Reaktion auf Veränderungen in den makroökonomischen Aussichten auch ihr Konsumverhalten anpassen.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Verbraucher anfangs nicht über relevante Prognosen informiert waren, die die gesamtwirtschaftliche Lage betreffen. Zudem hat sich herausgestellt, dass Verbraucher zunächst eine pessimistischere Ansichtsweise gegenüber der Wahrscheinlichkeit einer Rezession hatten als Fachleute. Mit der Informationsbereitstellung aktualisierten die Befragten ihre Meinung gegenüber der Wahrscheinlichkeit einer Rezession in Richtung der Prognosen der Fachleute. Die Befragten passten außerdem ihre Erwartungen über ihre eigene Situation an, als sich ihre Erwartungen über die Makroökonomie veränderten. Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass ein negativer makroökonomischer Ausblick negative Auswirkungen auf die subjektive finanzielle Perspektive für die Haushalte hat. In der Praxis lassen sich aus diesen Ergebnissen wichtige Informationen für politische Maßnahmen ableiten.
Die vollständige wissenschaftliche Publikation ist unter folgendem Link abrufbar: How Do Expectations About the Macroeconomy Affect Personal Expectations and Behavior?
26.01.2019 – Paula Sophia Schmidt-Lüer